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✊🧠 Gewalt gegen psychisch erkrankte Menschen – in Psychiatrie & Gesellschaft

4.11.2025

⚡ TL;DR Gewalt ist nicht nur körperlich. Sie kann auch sprachlich, strukturell und rechtlich passieren – in Kliniken und im Alltag. Schutz entsteht durch Rechte, Deeskalation, Peer-Arbeit, Transparenz und echte Mitsprache.

🧩 Was gilt als Gewalt?

  • Körperlich: Fixierung, Isolation, unnötige Zwangsmedikation
  • Psychisch: Drohungen, Herabwürdigung, Ignorieren von Bitten, Gaslighting
  • Strukturell: Überbelegung, Personalmangel, fehlende Aufklärung, intransparente Regeln
  • Sozial: Stigma, abwertende Mediennarrative, Benachteiligung bei Arbeit/Wohnen

🏥🏙️ Wo passiert sie?

🏥 In der Psychiatrie

  • Zwangsmaßnahmen nur als letztes Mittel, kurz & dokumentiert, mit Nachgespräch
  • Entmündigende Kommunikation: über statt mit Patient:innen sprechen
  • Intransparenz: unklare Rechte, keine Einsicht, fehlende Beschwerdewege

🧑‍🤝‍🧑 In der Gesellschaft

  • Stigma & Angstnarrative („gefährlich“, „unberechenbar“)
  • Alltagshürden: Kündigungen, Wohnungsabsagen, polizeiliche Einsätze ohne Deeskalation
  • Digital: Shitstorms, Memes, Sprache, die Menschen auf Diagnosen reduziert

❓ Warum passiert das?

  • Überforderung & Personalmangel, Sicherheitslogik
  • Mangelnde Trauma-Perspektive
  • Unbewusste Vorurteile und veraltete Leitbilder
  • Ungünstige Umgebung (Lärm, Enge, Hektik)

✅ Was wirkt nachweislich gegen Gewalt?

  • Deeskalationsstandards & regelmäßige Trainings
  • Trauma-informierte Haltung: Sicherheit, Wahlmöglichkeiten, Würde
  • Safewards, Open Dialogue, Soteria-Prinzipien: Beziehung vor Kontrolle
  • Peer-Arbeit (Genesungsbegleiter:innen) auf Station und ambulant
  • Behandlungsvereinbarungen / Patientenverfügungen
  • Transparenz & Accountability: Dokumentation, Ethik-Boards, Ombudsstellen
  • Kontinuität: feste Bezugspersonen, ruhige Räume, klare Tagesstruktur

📜 Rechte kennen (Kurzcheck)

Informierte Einwilligung • verständliche Aufklärung • Akteneinsicht • Beschwerderecht • Verhältnismäßigkeit/„least restrictive“ • Vertrauensperson/Peer hinzuziehen

🧰 Konkrete Checklisten

👤 Für Betroffene

  • Vorab: Behandlungsvereinbarung/Patientenverfügung erstellen
  • Im Kontakt: Frühwarnzeichen & „Hilft-mir-Liste“ griffbereit
  • Nach Zwang: schriftliche Info verlangen, Nachgespräch einfordern

🫶 Für Angehörige & Freund:innen

  • Deeskalationssprache („Ich bin da. Was brauchst du jetzt?“)
  • Notfallplan & Signale kennen; Zustimmung zur Kontaktperson klären
  • Vorfälle dokumentieren, gemeinsam Beschwerde einreichen

🏥 Für Teams & Kliniken

  • Gewaltindikatoren messen (Fixierungen, Isolationsdauer, Beschwerden)
  • Peer-Rollen vergüten & in Entscheidungen einbinden
  • Nach jeder Zwangsmaßnahme: strukturiertes Debriefing mit Betroffenen

🏛️ Für Politik & Träger

  • Personalquoten verbessern, beruhigende Architektur fördern
  • Zwangszahlen veröffentlichen, Prävention finanzieren, Ombudsstellen stärken

☎️ Notfall & Hilfe (Schweiz)

  • Akut: 112 (EU-Notruf) • 117 (Polizei) • 144 (Sanität)
  • Anonym reden: Die Dargebotene Hand 143 (24/7)
  • Rechte & Beratung: Ombudsstellen Psychiatrie/Patientenstellen, Peer-Organisationen (z. B. Pro Mente Sana)

🤝 Schluss

Gewalt reduziert nicht „Risiko“ – sie zerstört Vertrauen. Eine Psychiatrie und Gesellschaft, die Würde, Wahl & Beziehung ins Zentrum stellt, ist sicherer für alle. Veränderung beginnt mit Sprache, Haltung – und der Bereitschaft zuzuhören.